In Peking regnet es als ich ankomme, da ich mich aber sowieso nur ein paar Stunden auf dem Flughafen aufhalte, ist mir das Wetter herzlich egal.
Nachdem ich gelandet bin, muss ich erstmal komplett auschecken, da der Flug nach Pjöngjang separat vom Reiseveranstalter gebucht wurde. Als das erledigt ist, setze ich mich in die nächstbeste Bar und kippe drei Bier (um 7:30h morgens), die mich endgültig ins Zombieland schicken.
Vier elend langsame Stunden später öffnet der Checkin und der Chinese von der Security nimmt mir erstmal sämtliche mitgebrachten Feuerzeuge ab, das wars dann mit den Geschenken. Nochmal eine Stunde warten, dann gehts endlich los. Der Flieger ist, wie zu erwarten war, eine etwas ältere Iljuschin, bietet aber gute Beinfreiheit. Die Maschine ist zu gut drei Vierteln gefüllt und zu meinem Erstaunen sind bestimmt die Hälfte der Passagiere keine Asiaten. Das Bordprogramm besteht aus Propagandamusik und später auf den Bildschirmen dem Konzert einer Frauenkapelle, die, allesamt in Uniform, vor dem Hintergrund einer alten Mig eine seltsame Mischung aus Klassik und Pop darbietet. Als Snack wird ein kaltes Etwas serviert, auf der Verpackung steht ‘Hamburger’, ich bringe es aber nicht übers Herz, reinzubeissen.
Direkt neben mir sitzt bei Start und Landung eine der Stewardessen, die umwerfend aussieht und mich so entzückend anlächelt, dass ich sie am liebsten sofort mit nach Hause nehmen und heiraten würde. Während des Landeanfluges versuchen wir eine Unterhaltung. Nach einigen Höflichkeitsfloskeln, wo ich herkomme und ob es mein erster Besuch in Ihrem Land sei, fragt sie mich unvermittelt, was ich denn über Ihren geliebten Führer denke. Damit habe ich nicht gerechnet und komme ins Stottern. Ich versuche, diplomatisch zu sein und erläre ihr, dass die Darstellung der Kims in den westlichen Medien ja recht negativ sei und ich diese Reise unter anderem deswegen unternehmen würde, um mir vor Ort selbst ein Bild zu machen. Das scheint sie zu freuen.
Sie kann mir allerdings nicht dabei helfen, die drei Einreiseformulare auszufüllen. Dort muss man nämlich eintragen, zu welcher Delegation man gehört und wer die Einladung ausgesprochen hat, was ich nicht beantworten kann, da Herr Schneider, der Veranstalter, mir dazu keinerlei Informationen gegeben hat. Ich trage also überall nur ‘nordkorea-info.de’ ein.
Nach der Landung werden wir mit Bussen abgeholt und fahren eine ganze Weile über den Flughafen, auf dem wie wild gebaut wird. Und zwar alles von Hand. Ich sehe Scharen von Soldaten, die fast ohne Maschinenunterstützung Sand schaufeln, Steine schleppen, Flächen planieren, etc.
Das Flughafengebäude sieht aus wie eine schmutzige Lagerhalle, fotografieren traue ich mich nicht, das mache ich besser erst bei der Ausreise. Bei der Einreise muss ich durch drei Kontrollen, die alle meine Formulare akzeptieren, allerdings macht der letzte Posten Stress, weil ich einen GPS-Receiver dabei habe. Das habe ich in einem der Formulare wahrheitsgemäss angegeben, ich erkläre dem Typen auch, dass ich weiss, dass das Gerät hierbleiben muss und ich damit keine Probleme habe, sofern ich es bei der Ausreise auch wiederbekomme. Trotzdem behält er auch meinen Pass, mein Handy und meine Kamera ein und schickt mich dann ohne Erklärung durch. Jetzt stehe ich da, ziemlich verpeilt, ohne Pass und Technik und habe keine Ahnung, was gerade passiert ist.
Ich sehe niemanden mit meinem Namen, ‘nordkorea-info.de’, oder ‚Schneider‘ auf einem Schild. Ich wende mich an eine junge Französin und ihren koreanischen Begleiter, die sich beide offensichtlich auskennen und die beiden reden nicht nur mit dem Soldaten der meinen Pass hat, sondern finden auch meinen Guide, der die Situation schnell aufklärt. Es ist wie erwartet so, dass ich das GPS bei der Ausreise wiederbekomme, der Soldat steckt dazu einen Zettel in meinen Pass und übergibt ihn meinem Guide, Handy und Kamera bekomme ich wieder.
Der Guide, der perfektes Deutsch spricht, stellt sich als ‘Kim’ vor, seinen Vornamen könne sowieso keiner aussprechen. Draussen lerne ich dann meine Gruppe kennen: zwei rüstige Rentner namens Frieder (eigentlich Friedrich Wilhelm) und Ulrich, die sich schon seit Ewigkeiten kennen und regelmässig gemeinsam verreisen, sowie einen Schwabe namens Wolfgang, um die 50, der z.Zt. in China arbeitet. Ich denke mir noch ‚das wird bestimmt langweilig, das sind ja nur alte Säcke‘, werde diese Meinung aber ganz schnell revidieren, die drei sind nämlich nicht nur extrem nett und unterhaltsam, sondern auch überaus trinkfest. Um ehrlich zu sein, bin ich grundsätzlich der erste, der abends die Segel streicht. Wir stellen uns vor und sind schnell alle beim ‘Du’. Dann gibts noch den Fahrer und zuletzt den Aufpasser, ein schweigsamer junger Mann der nie lächelt und (angeblich) kein Deutsch spricht. Vorsicht.
Wir fahren nicht direkt ins Hotel, sondern gleich zum ersten Programmpunkt, dem Platz mit den beiden riesigen Bronzestatuen von Kim Il Sung und seinem Sohn Kim Jong Il. Die sind als Bauwerke schon ziemlich beeindruckend, davor verbeugen müssen wir uns natürlich auch, Blumen will ich für die beiden aber keine kaufen. Auf dem Weg dahin und dann Richtung Hotel bekommen wir einen ersten Eindruck von der Stadt und ich muss verblüfft zugeben, dass es mir gefällt. Natürlich ist Pjöngjang keine lebendige Metropole, aber so ausgestorben wie berichtet wird ist die Stadt nicht. Es gibt sogar richtigen Autoverkehr und überall wo wir vorbeikommen laufen Menschen geschäftig durch die Gegend. Des weiteren ist die Stadt sehr sauber und ziemlich grün, wir kommen an mehreren gut gepflegten Parks und Grünflächen vorbei.
Endlich können wir dann im Yanggakdo-Hotel einchecken, ich bin immerhin jetzt seit über 30 Stunden auf den Beinen. Mein Zimmer befindet sich im 17. Stock und ist völlig in Ordnung. Zwar schon etwas runtergekommen, was man beim Betreten der glänzenden Lobby nicht vermuten würde, aber sauber und ausreichend. Und man darf im Zimmer rauchen.
Eine Stunde haben wir Zeit zum Frischmachen, dann gibts Abendessen in einem der Hotelrestaurants. Karte gibts keine, wir müssen essen was uns vorgesetzt wird, aber das Essen ist ziemlich gut und vor allem reichhaltig. Zuerst gibts eine Suppe mit Glasnudeln drin, einen kleinen Salat und ein kleine Schüssel Kimchi. Danach Reis und frittierter Fisch und zuletzt eine Art panierten Fleischklops mit Tofu und irgendwas undefinierbaren, sieht ein wenig aus wie frittierte dünne Nudeln, wir finden aber nicht raus was es ist.
Zum Abschluss setzen wir uns auf ein Bier in die Hotelbar in der Lobby. Die anderen drei fahren danach noch auf mehr Bier in den 47. Stock, da gibts nämlich ein sich drehendes Restaurant, ich kann aber nicht mehr und falle in mein Bett. Morgen früh um 7:30 gibts Frühstück und um 8:00h fahren wir los nach Kaesong zur DMZ.