Die Potemkinsche Farm

Wir besuchen also eine landwirtschaftliche Kooperative, es haben sich, so erfahren wir später von der Leiterin, drei Ortschaften mit insgesamt 600 Bauern nach Art einer sowjetischen Sowchose zusammengeschlossen, ganz sicher freiwillig.
Als wir auf den Hof fahren, sehen wir lediglich eine einsame Arbeiterin Getreide, was wohl vom nächtlichen Regen nass geworden ist, am Boden ausbreiten und wenden. Angeblich ist gerade Mittagspause, deswegen müssen wir noch ein paar Minuten auf die Leiterin der Anlage warten. Wir sehen uns um. Das alles sieht sehr sauber aus, der Hof ist von Kaki-Bäumen umgeben, es gibt ein riesiges Mosaik vom großen Führer, verschiedene Gebäude und sogar einen Laden, in dem alle möglichen Waren ausgestellt sind, mit denen sich die Bauern versorgen können. Dumm nur, dass die Tür zum Laden keine Klinke besitzt, wie Ulrich feststellt. Es ist allen klar, dass uns hier wieder Theater vorgespielt wird.

Die Leiterin der Kooperative erscheint und führt uns rum. Zuerst erfahren wir natürlich wieder, wann und zu welchen Anlässen die geliebten Führer den Ort besucht haben, das ist mittlerweile Routine. In diesem speziellen Fall lernen wir aber, dass Kim Il Sung persönlich die Idee hatte, hier Kakibäume anzupflanzen, die dann natürlich sofort in die Tat umgesetzt wurde. Wir hören auch eine Anekdote dazu: Als der Chef mal wieder zu Besuch ist, sehen sie einen Kakibaum, der besonders viele Früchte trägt. Auf seine Frage, wie hoch man denn die Anzahl schätze, bekommt er zur Antwort etwa 500. Nein, sagt darauf der geliebte Führer, das seien mindestens 800. Man zählt nach und es sind tatsächlich genau 803 Früchte. Donnerwetter.

Solche Geschichten gibt es zuhauf und wir fragen uns, wie man ein komplettes Volk dazu bringt, so einen Blödsinn zu glauben. Allerdings wird ein echter Christ wohl auch nicht daran zweifeln, dass Jesus übers Wasser marschiert ist und Tote erweckt hat. Wie auch immer, die ganze Farm ist ein einziger Witz, wir sehen weder landwirtschaftliches Gerät, noch Ställe oder irgendwelches Vieh. Dafür aber ein Gebäude, in dem sich angeblich eine Sauna und ein Schwimmbad für die Bauern befinden (im Obergeschoss!), die wir aber nicht besichtigen dürfen.

Da wir als nächstes einen Kindergarten besuchen, werden wir genötigt, Süssigkeiten für die Kinder zu kaufen. Die spielen grad ein Spiel, bei dem immer zwei um die Wette laufen und als wir erscheinen, kommen wie auf Kommando zwei der Kleinen gerannt und schnappen sich zwei von uns an den Händen zum Mitlaufen. Das ist selbstverständlich komplett einstudiert und ist so ziemlich das Traurigste, was wir während der Reise zu sehen bekommen. Wie man Kinder schon im frühesten Alter für ein System einnimmt und programmiert haben die Nazis ja vorgemacht, hier funktioniert das auch. Artig treten die Kleinen dann in Zweierreihen an und marschieren, ein Lied auf den Lippen, los. Ich möchte kotzen.

Der letzte Akt der Farce ist dann der Besuch des Wohnhauses der Leiterin. Das ist natürlich schön, sauber und groß. Sie führt uns rum, zeigt uns ihren privaten Garten, ihr Sohn muss antreten und meine Frage, ob denn alle Leute auf dem Land so wohnen, wird selbstverständlich bejaht. Wiederum fragen wir uns: für wie blöd halten die uns denn?

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