Nach drei Tagen mit verfallenen Gebäuden und Raketen freue ich mich, mir heute mal zur Abwechslung ein paar schöne Dinge anzuschauen. Durch die nicht eingeplante Tour gestern bleibt mir nur ein einziger Tag in Kiew zum Sightseeing, dazu bin ich erkältet und generell ziemlich platt, vielleicht schon erste Anzeichen der Strahlenkrankheit. Oder es liegt daran, dass ich wegen der dämlichen ukrainischen Moskitos die halbe Nacht nicht geschlafen hab. Ich raffe mich trotzdem um 8:30h auf, steige in die U-Bahn und fahre Richtung Majdan-Platz. Die Metro in Kiew liegt sowjet-Style extrem tief, so dass man jedesmal eine gefühlte Ewigkeit mit der Rolltreppe nach unten oder oben fahren muss. Ich beschliesse, kurze Strecken zu Fuß zu gehen.
Erstes Ziel ist wie gesagt der Majdan, bekannt seit der sog. Orangen Revolution im Jahre 2004. Das Wetter ist extrem schön, erinnert mich allerdings an Neuseeland, in der Art, dass einem die Sonne die Haut wegbrennt, aber sobald sich nur ein klitzekleines Wölkchen davor schiebt, man am liebsten Schal und Handschuhe tragen würde. Ich bin also den halben Tag damit beschäftigt, mich an- und auszuziehen.
Irgendwann fällt mir auf, dass heute Montag ist, was bedeutet, dass sämtliche Museen geschlossen sind. Das verkürzt meine Liste extrem, weswegen ich erstmal in einem Cafe einen Frühschoppen einnehme und danach zwei Gänge zurückschalte. Nächstes Ziel ist die Statue der Mutter Heimat, in deren Sockel sich eine Ausstellung zum großen Vaterländischen Krieg befindet. Das gilt offensichtlich nicht als Museum und ist geöffnet. Der Weg dahin ist beschwerlich, ich hatte mir auf Google Maps eine tolle Strecke entlang des Flusses Dnepr rausgesucht, komme aber nicht auf die richtige Seite, so dass ich geschätzt 3 km entlang einer Autobahn marschiere.
Die Statue ist beeindruckend, die Ausstellung ziemlich gut, leider nur auf Ukrainisch beschriftet. Dafür ist der Rückweg angenehmer, er führt mich durch einen großen Park, an mehreren ausgestellten Panzern und einem Volksfest vorbei. Ich besuche das Höhlenkloster, was allerdings nicht wirklich beeindruckt. Es gibt ein Labyrinth aus dunklen Gängen und verschiedenen Kammern, in denen die Mumien irgendwelcher Heiliger aufgebart sind, die von den Gläubigen geküsst werden. Die Gebäude selbst sind natürlich prunkvoll, es ist halt wie überall auf der Welt: Egal ob das Volk verhungert, für die Pfaffen und ihre Paläste ist immer genug Geld übrig. Immerhin: bei den Orthodoxen ist es offensichtlich üblich, dass sich die Popen weder rasieren, noch die Haare schneiden, so dass die alle aussehen, als würden sie in einer Viking-Metal Band spielen. Rock’n’Roll.
Mittlerweile ist es Nachmittag und ich bin so platt, dass ich zurück zum Hostel marschiere, ins Bett falle und sofort einschlafe. Ich wache gegen Abend auf und beschliesse, im Hostel zu bleiben und mich auszuruhen, damit ich morgen für Moskau fit bin.