In der Nacht bleibe ich von weiteren Ruhestörungen verschont, gegen 8h stehe ich auf und mache mich auf den Weg zum Roten Platz. Der ist allerdings komplett abgesperrt, denn am Samstag feiert man den 70ten Jahrestag der Befreiung vom Faschismus und es ist eine große Parade geplant. Diese zu besuchen ist nicht möglich, da nur geladene Gäste aus internationaler Politik sowie Militär und Veteranen teilnehmen dürfen. Angeblich hat man sogar den kleinen Dicken aus Nordkorea eingeladen, der hat aber abgesagt. Vielleicht leidet er ja auch an Flugangst wie sein Opa.
Ich laufe einmal um den Kreml und komme genau rechtzeitig zur Öffnung der Kassen am Eingang an. Da ich so einer der ersten bin, die reinkommen, kann ich noch ein paar schöne Fotos schiessen, bevor alles voller Touristen ist. Ich besuche dann die sog. Rüstkammer, die allerdings weniger Waffen enthält, dafür die größte, unverschämteste und abartigste Sammlung von Gold , Silber und Juwelen ist, die ich jemals gesehen habe. Man spürt förmlich, wie die Zaren, der Adel und die Pfaffen das Volk bis aufs Blut ausgesaugt haben müssen, um diesen unglaublich schönen und gleichzeitig widerlichen Reichtum zu schaffen.
Danach laufe ich rum, schaue mir die verschiedenen Kirchen an, sehe die Zarenkanone, aus der genau einmal geschossen wurde und die Zarenglocke, 200 Tonnen schwer, die nicht ein einziges Mal geläutet hat. Der komplette Kreml mit den Gebäuden und Kirchen ist unglaublich schön, so wie eigentlich die gesamte Innenstadt, Moskau ist eine der schönsten Städte, die ich bisher besucht habe. Das großartige Wetter trägt dazu bei, für meinen kompletten Aufenthalt ist ausschliesslich Sonnenschein gemeldet.
Nach mehreren Stunden Kreml bin ich erstmal bedient und mache Station im Hostel, was ich die weiteren Tage beibehalten werde. Ich bin ein alter Mann. Am Nachmittag fahre ich dann zum Gorki Park und laufe erstmal in den Norden, wo ich einen Skulpturenpark finde, ausserdem das monströse Denkmal für Peter den Großen. Danach laufe ich Richtung Süden einmal durch den gesamten Park, der, wie alles was ich bisher gesehen habe, extrem sauber ist. Auch hier sind wieder Bereiche abgesperrt in Vorbereitung auf die große Siegesfeier am Samstag. Die komplette Stadt ist im Hinblick auf den Tag beflaggt, überall verkaufen Strassenhändler Fahnen, T-Shirts, Militärmützen usw. Man gibt sich sowieso sehr patriotisch, ich weiss halt nicht, ob das nur wegen des Jahrestages so ist, oder der Normalzustand. Sollte mich jedenfalls am Samstag jemand fragen, bin ich Schweizer. Überall findet man auch Stände von Putins Partei, wo man T-Shirts kaufen kann, die den modernen Zaren in allerlei martialischen Posen zeigen, das ist traurig und lustig zugleich.
Ich versuche auf meinen Reisen ja immer, mich selbst zu versorgen, hier ist das schwierig, da zum einen das Hostel keine Küche besitzt und es ausserdem nirgendwo sowas wie einen Supermarkt gibt, lediglich an einigen kleinen Kiosken kann man Lebensmittel kaufen. Heute abend bin ich faul und da es hier am Arbat nur sauteure Restaurants gibt, lande ich schliesslich bei Mc Donalds. Zurück ins Hostel. Musste ich letzte Nacht noch das permanente Kichern einer Gruppe Teenager unterbinden, darf ich heute meinen Nachbarn bei der Paarung zuhören. Bei allem Respekt vor der Ausdauer des Typen, irgendwann reicht es mir und ich brülle rüber, dass sie jetzt entweder aufhören, oder mich mitmachen lassen. Danach ist Ruhe.